Hirse im Glas

Vor einiger Zeit war Hirse in dem Glas – nachdem wir das Apfelmus aufgegessen hatten und bevor ich es gestern mit selbst gemachtem Smoothie füllte. Wegen des Ramadans. Weil ich dachte, nach den Saitanbratlingen und den weißen Bohnen in Tomatensoße bräuchten wir etwas Süßes. Dabei schmeckte der Smoothie gar nicht wirklich süß, und ich sage sowieso viel lieber Schmusi dazu. Trotzdem war mal Hirse in dem Glas.

Der türkischen Freundin meiner Tochter ist das bestimmt egal. Der ist auch der Ramadan irgendwie egal geworden. Sie trank in der Schule und biss in einen Kinderriegel. Und meine Tochter stand mit knurrendem Magen und trockener Kehle in der Nähe und traute ihren Augen nicht – der in den letzten guten Tagen ihrer Freundschaft geschlossenen Pakt, nach dem sie gemeinsam fasten wollten, zerbröckelte wie auf alte Wandfarbe gekritzelt und riss auch bestimmt ein paar Herzfasern mit.

Eltern wissen, wie das ist, wenn so ein Kind mit verlorenen Herzfasern nach Hause kommt. Das rettet auch kein Schmusi.
Ich versuchte noch etwas aufzubauen; vielleicht hält sie eben nicht so gut durch wie du, das kann ja nicht jeder. Und ihre Familie ist ja nicht in Berlin, vielleicht ist es alleine schwer.
Ja, Mama, darum wollte ich es ja mit ihr zusammen machen, damit sie eben nicht alleine ist …

Ich überlege, wie viele Hirsekörner wohl in so ein Glas passen – wie voll es wohl wäre, packte man für jede Enttäuschung im Leben eins davon hinein?

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