Kontaktverbotsfotos

Die Ente staunt und wundert sich.

Nachdem der Wunsch am Morgen, die Welt vorm Fenster möge mal wieder normal tun, unausgesprochen im Wasserdampf verpuffte, und das Zähneknirschen, in Banane gepresst, verstummte, kam das Kind zu Besuch und ließ sich spielend leicht zu 7.450 Schritten bewegen.
Nimm doch deine Kamera mit!, sprach’s, und ich nahm.

Dem Frühling ist Corona sowas von egal. Zum Glück!
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Papierliebe

Ich möchte das
Programm umschalten,
Das Karussell anhalten,
Aus dem fahrenden Zug….
(Verwalten Viren Fahrpläne)
Springen und wieder frei entfalten,
Was fest gehalten auf meinem Schoß…

Nehmen Sie ihre kalten Hände da weg!
Ein Meter fünfzig, wissen Sie nicht?
Schaffner, der rückt mir zu dicht auf die Pelle,
Jetzt heben se schon die Kelle fürn Alarm!

Langsam, langsam, sagt der Querulant und
Zeigt auf das weiße Papier vor mir,
Für Ihrn zarten Schoß, Jnädigste,
reicht da nich ne Rolle
für een janzet Jahr?

© Jo Lenz, 2020

Nicht so still, wie es klingt

Zwei Monate ist das Jahr alt. Und mir geht es auch ohne Südflucht richtig gut. Mag an den Stunden liegen, die ich am Tag schreibend verbringe. Vielleicht auch am Weglassen von fiesen Kohlehydraten (wenn jemand hinsieht). An 10.000 Schritten am Tag (im Kopf). Vielleicht haben sich auch meine Hormone eingependelt – so eine zweite, fast erste, Pubertät ist ja gar nicht mal so easy zu bezwingen. Egal, was es ist, ich bin dankbar. Die Chemie im Kopf scheint natürlich und ausgewogen vor sich hin zu reisen. Wohin sie unterwegs ist, finde ich noch heraus. Sicherlich nicht nach Italien.

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Eine kleine Silvestergeschichte

Zwei Tage vor Silvester erreichte mich ein Brief. Neben guten Wünschen für das neue Jahr, enthielt er eine Einladung, einen Zugfahrschein, eine Wegbeschreibung und einen rostigen Hausschlüssel. Schrift und Absender waren mir unbekannt.
Ein Freund, stand darunter.
Ich habe keine Freunde, dachte ich im ersten Moment, und drehte und wendete den Inhalt des gepolsterten Umschlags.

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Ostergedicht

All die langen Nasen,
länger als Ohren von Hasen,
nicht als Zeichen von Potenz
sondern der Lüge Präsenz,
ließen sich nicht aus Eiern blasen.

© Jo Lenz, 25.03.2016

Brett vorm Kopf

Es war mal ein graues Vögelein,
das wollte für Großes vorherbestimmt sein,
futterte gierig das gebrachte Gewürm.
Eines Tages klatscht ihm ein Brett an die Stirn.
Trotzdem zwitscherte weiter es, fröhlich & fein,
war ein zielstrebiges graues Vögelein.

Mit Brett vor dem Kopf, sagte es sich,
verführn mich die bunt Gefiederten nich,
solln die sich doch ihre Hucken vollpfeifen,
ich behalte gern den hölzernen Streifen
und lass den Gesang nicht bis an mich ran,
fange lieber allein das Fliegen an!

Es flatterte wild auf des Astes Ende,
da zog das Gewicht vom Brett es behände
hinab in die Tiefe, war ein hoher Baum,
es stürzte so schnell – ja, man sah es kaum,
flog dort einem Räuber hart ins Gesicht,
mit fliegenden Brettern rechnen Räuber ja nicht.

Das Mädchen, das dem Schuft entkommen,
blieb stehen und ward ganz benommen
vom Anblick des Retters im Vogelkostüm,
Vor dir werde ich niemals nicht entfliehn,
sagt’s und hob das Vögelein auf,
und dessen Bestimmung nahm seinen Lauf.

Es bekam einen Käfig von Gold und Damast,
Diamanten aufs Federkleid – was eine Last,
stöhnte es leise, doch blieb ungehört,
denkt ja keiner, dass Prunk einen Retter stört.
Da hockt es bis heute und fragt nach dem Sinn,
und wünscht sich zurück auf Anbeginn …

© Jo Lenz, 25.03.2016

Ich will.

Lies dich nur aus,
und dann schweig fein still,
weil ich sodann etwas schreiben will,
während du träumend in Tiefschlaf verfällst,
will ich erspinnen, wie du Nächte erhellst,
meine jetzt, früher wohl die da der andern,
doch Träume sollten nie stehen, stets wandern,
erfüllend sich selbst und darüber hinaus
uns lockend aus Federn, aus sicherem Haus,
denn Abenteuer lauern nicht unter dem Bett,
nun ja, bisweilen, ist’s da auch sicher nett,
so schön sicher, gewärmt, gekuschelt, bespielt,
’s kommt eben drauf an, wohin die Sehnsucht zielt,
doch ich will lieber vorn an der Reling frieren,
als unter Deck die Tafeln zu zieren,
also lies dich aus,
und dann schweige still,
weil ich jetzt endlich schreiben will …
 
© Jo Lenz, 21.03.2016

Verdacht

War einer und dachte zu wissen,
was der andere denkt,
wenn er nicht spricht.
Er irrte schlicht.
Seiner Anmaßung
entsprachen
die Gedanken

des anderen nicht.

© Jo Lenz, 2016

mächtige du.

ich atme dich
mit geschlossenen augen
trinke ich deine liebe
mein leben lang
rinnen letzte tropfen
in mir
bald
atme ich
aus und
du sonne
badest dich

versteckt vorbei

treibt
unser boot auf salzfluten
schaukelt schlägt
wellen werden wir
am anderen ende
knospen deine strahlen
wie oft du auch gehst
mächtige du
alles wartet
deiner

© Jo Lenz, 2014